Sonntag, 5. September 2010

Stallone vs. Nolan: Null zu Drei

Ich melde mich hiermit offiziell aus dem Urlaub zurück. Und ich habe es währenddessen tatsächlich sage und schreibe zwei Mal ins Kino geschafft. Weshalb ich die dabei gemachten Erfahrungen sofort mit allen Gumpfen-Lesern teilen möchte.

Kommen wir zunächst zu "Expendables", Stallones testosterontriefender Altherren-Gewaltphantasie.

Die Haare werden immer dunkler, die Visage immer schiefer. Stallone, virale 64 jahre jung, hat einen Film gedreht, und zwar einen, über dem in knallroten Neon-Großbuchstaben „B-Film“ blinkt.

Nun darf man wohl getrost fragen, wie bei einer Besetzung Stallone / Willis /Schwarzenegger / Rourke, außerdem Sidekicks wie Jason Statham und Jet Li trotzdem eine derartige Action-Gurke herauskommen kann. Der Gründe sind einige zu nennen.

Zum einen die Story: Fieser, drogenfinanzierter Bananenrepublik-Diktator (gibt es ein abgedroscheneres Klischee?) terrorisiert mit seiner kleinen Privatarmee strunzdummer Sadisten die ausgemergelten, sombrerotragenden Einwohner seines Inselrefugiums. Eine Handvoll unkaputtbarer Söldner aus God’s Own County kommt vorbeigeschwirrt, putzt im Handstreich und mit viel Bumbum die Privatarmee weg, befreit das Land und rettet das Mädchen*. (Soweit die Anleihe bei den „Glorreichen Sieben“.) Und das alles freilich nicht für Geld, sondern „einfach so“, weil ein Mann eben tun muß, was ein Mann eben so tut. Was im Falle von Stallone& Co. heißt: ballern, sprengen, schlitzen im Akkord. Und das so tumb, brutal und beinah comichaft wie sonst nur in Egoshootern, oder eben wie z.B. in „John Rambo“. Offenbar will olle Sly dem Rest der Welt zeigen, daß er’s noch drauf hat. Also knattert er auf aufgemotzten Motorrädern durch die Gegend, prügelt sich mit (Ex-)Wrestlern und schießt selbst dann einem Moskito noch mit ruhiger Hand den Rüssel weg, wenn er von Kugeln durchsiebt und brennend von einem Panzer überrollt wird (oder so).

Zwischendurch darf ein Gandalf-Pfeife schmauchender Mickey Rourke tränenreich über den Verlust der Seele aufgrund zu vielen sinnlosen Tötens fabulieren, bevor die Recken wieder losziehen, um, derart legitimiert, ein entsprechend „sinnvolles“ Gemetzel zu veranstalten. Natürlich nicht, ohne nebenbei ein paar „lustige“, vermeintlich coole Sprüche zu reißen, während ihnen gleichzeitig abgerissene Körperteile um die Ohren fliegen. Hier folgt der Film Bruce Willis‘ Motto aus „Last Boyscout“: "This is the '90s. You can't just walk up and slap a guy, you have to say something cool first." In Stallones Anabolika-Universum müßte es vermutlich heißen: “This is 2010. You can’t just slash and blast a guy, you have to say something cool afterwards.”

Mein Problem dabei: Ich scheine langsam aus dem Alter rauszuwachsen, bei dem ich mir beim Anblick bluttriefender Leichenteile (keine Zombies!) kichernd auf die Schenkel klopfe, nur weil irgendein Protagonist dazu einen lakonischen Kommentar absondert.

Zum anderen: Was einem natürlich keiner verrät: Schwarzenegger und Willis treten nur in einer Mini-Szene auf, die dann erwartungsgemäß auch die lustigste des ganzen Films darstellt. Der gesamte restliche Plot wird von Darstellern bestritten, die – von Stallone abgesehen – sich weitgehend in B- und C-Filme tummeln und dort auch weniger durch Sprechrollen aufgefallen sind. Um das vielleicht nochmal zu verdeutlichen: Van Damme hat eine Mitwirkung im Film abgelehnt, weil ihm seine Rolle (die dann von Dolph Lundgren** gespielt wurde) „zu wenig Substanz“ hatte. Noch Fragen?

Wenn man es allerdings schafft, Hirn und Moral für 103 Minuten abzuschalten, kann man, der reinen Action wegen, tatsächlich Spaß an dem Mumpitz haben. Denn davon gibt es reichlich, zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Davon abgesehen hält der Film, was der Titel verspricht: Er ist expendable. Indeed.

Um einiges beeindruckender ist dafür „Inception“.

Man nehme: Eine genial verschachtelte Science Fiction Story, die ganz am Puls der Zeit mit der Frage nach Realität und Illusion spielt, kombiniere diese mit visuell überwältigenden CGI-Spielereien á la „Matrix“, fülle die leeren Kästchen mit einem Cast aus lauter unverbrauchten Jungstars nebst einem alten Hollywood-Hasen (DiCaprio) auf und koche alles zu einem extrem spannenden, atmosphärisch beinah zu dichten Actionthriller auf.
Diesen Film sollte man sich auf jeden Fall anschauen, daher werde ich nicht allzu viel nichts zur Handlung verraten. Man sollte allerdings recht ausgeschlafen ins Kino gehen, sonst könnte es durchaus passieren, daß man irgendwann aus den Augen verliert, wer gerade wessen Traum manipuliert. Oder war man doch schon im Traum hintern dem Traum? Oder beim Traum im Traum im Traum? Oder...

Wer allerdings dazu neigt, bei Science Fiction-Filmen alle 5 Minuten „Das ist ja total unlogisch!“*** zu schreien, sollte vielleicht zuhause bleiben und „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ kucken.

*) Wer an dieser Stelle fragt: "Welches Mädchen?", war vermutlich seit der Premiere von "Panzerkreuzer Potemkin" nicht mehr im Kino.
**) der mittlerweile aussieht, als hätte man ihn zu spät aus dem Wäschetrockner genommen
***) dazu neigen vor allem Frauen, die ansonsten die "Twilight"-Saga und "Pretty Woman" für halbdokumentarische Autorenfilme halten

Keine Kommentare: